„Bronson“ – Filmkritik

Handlung

Mit 19 Jahren überfällt Michael Peterson ein Postamt. Seine Beute: 27 Pfund. Der seit seiner Schulzeit als gewalttätig bekannte Michael bekommt eine Gefängnisstrafe von sieben Jahren. Während dieser Zeit erschafft er sich sein Alter Ego Charles Bronson. Charlie hat es sich zum Ziel gemacht berühmt zu werden und das gelingt ihm auch. Auf seinem Weg durch die Gefängnisse und Zuchthäuser Englands hinterlässt er eine Spur von Gewalt. Durch brutale Prügeleien mit Wärtern und einem nicht enden wollenden Drang nach Provokation wird Charles Bronson zum berühmtesten Häftling Großbritanniens. Aus der ursprünglichen Strafe werden über 30 Jahre Haft.

Meinung

Eines ist die Verfilmung des Lebens von dem bis zum heutigen Tag im Gefängnis sitzenden Charles Bronson sicher nicht; etwas für schwache Gemüter. Über die Hälfte des Films besteht aus brutalen Prügeleien und einem blutbeschmierten Hauptdarsteller.

Der Regisseur Nicolas Winding Refn, welcher sich mit seinen Produktionen „Bleeder“ und der „Pusher“ Triologie nicht nur in Dänemark einen gewissen Namen machen konnte, inszeniert mit „Bronson“ ein selten erlebtes Filmschauspiel. Man hat das Gefühl in eine vollkommen verquere Welt eines notorischen Gewalttäters einzutauchen, eins mit seinem Geist zu werden. Winding suggeriert dem Zuschauer, dass für Bronson sein Leben im Gefängnis nur eine Art von Varieté darstellt. Die ganze Welt ist eine Bühne und er der Hauptdarsteller, welcher seinem begeisterten Publikum eine noch nie zuvor dargebotene Show präsentieren will.

Auf der einen Seite schafft es der dänische Regisseur durchaus eine besondere Stimmung à la Stanley Kubricks „Clockwerk Orange“ aufzubauen. Während der nicht ganz 90 Minuten befindet man sich fern der Realität. In Rot- oder Blautöne getauchte Szenen, dokumentarische Filmeinblendungen und immer wieder der auf einer Bühne stehende Bronson verstärken die distanzierte Stimmung. Vor allem Tom Hardy als Bronson wirkt in seiner Rolle authentisch und trägt zu der bedrückenden Stimmung bei. Es wird stellenweise deutlich, dass der Versuch unternommen wird Bronson als ein menschliches, fühlendes Wesen darzustellen. Einblendungen seiner Kindheit, des heilen Elternhauses, den voice-overs Bronsons und den Versuchen, nach seiner kurzfristigen Entlassung ein nicht kriminelles Leben zu führen, dass alles soll zu einem besseren Verständnis des Handelns dieser Person beitragen.

Die Musikauswahl zur Handlung ist zudem äußerst gelungen. Von den Pet Shop Boys über New Order bis hin zu Wagner und Strauss, ein ebenso unzusammenhängendes musikalisches Gemisch wie der Film selbst.

Doch muss man schon sehr offen und tolerant sein, um mit der Figur von Bronson zu sympathisieren. Trotz allen Erklärungsversuchen wirken die Prügeleien schnell verharmlost und abgedroschen. Ein blutender Charles Bronson in einem einmal ein Meter Käfig scheint ein Grund zum Lachen zu sein und die nächste Prügelattacke der Wärter wird geradezu Festtagsähnlich zelebriert. Im Gegensatz zu „Clockwerk Orange“ fehlt der ebenfalls im 70er Jahre Look gehaltenen Produktion von Nicolas Winding Refn ein wenig die Spielerischen Leichtigkeit eines Stanley Kubricks. Trotz Schlägereien und Vergewaltigungen verstand es letzterer die zugegebenermaßen schockierenden Darstellungen leicht zu inszenieren. Im Gegenzug dazu liegt einem ein Hooligan, welcher durch seine Erzählungen über Schlägereien von einem Publikum bewundert wird und Applaus bekommt doch etwas schwer im Magen.

Die Frage ist, ob es überhaupt die Absicht des Regisseurs war, der Handlung einen tieferen Sinn zu geben. Anklänge dazu finden sich durchaus in Szenen wie der, in welcher Bronson im Zeichenraum des Gefängnisses aus sich und seinem Lehrer eine Art lebendes Kunstwerk erstellt. Jedoch gleitet auch diese Darstellung unweigerlich in die bekannten Schlägereien über. So kann man sagen, dass dieses Biopic von Charles Bronson sicher eine faszinierende Annäherung an die Geschehnisse ist, doch vielen Zuschauern wird sich wohl nur ein brutaler, nichts aussagender Film präsentieren.

Schockierende Darstellung eines kranken Geistes.

Charles Bronson: Tom Hardy

Regie: Nicolas Winding Refn | Großbritannien, 2008

Länge: 92 min | FSK: ab 16 | Buch: Brock Norman Brock, Nicolas Winding Refn | Kamera: Larry Smith | Szenenbild: Janey Levick | Schnitt: Matthew Newman | Musik: Pet Shop Boys, New Order, Verdi, Puccini u.v.m. | Produktion: Daniel Hansford, Rupert Preston


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